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„Die Young Talents sind unsere Zukunft“

Das internationale Logistikunternehmen a. hartrodt (GmbH & Co) KG ermöglicht seinen Auszubildenden seit vielen Jahren Auslandsaufenthalte in der Berufsausbildung. Bezuschusst werden die Auslandspraktika durch die Förderprogramme AusbildungWeltweit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und Erasmus+ der Europäischen Union. Die Anträge auf Förderung stellt Arbeit und Leben Hamburg e.V., die Firmen bei der Planung und Umsetzung von Auslandsaufenthalten unterstützt.

Im Interview erzählen Martin Argendorf, Ausbildungsleiter von a. hartrodt, Jens Roemer, Regional Managing Director bei a. hartrodt für die Schweiz, Frankreich und Belgien, sowie Katrin Busche von Arbeit und Leben hamburg e.V., welchen Mehrwert die Auslandsaufenthalte für die Firma bieten.

Zudem berichten sie beispielhaft von dem Auszubildenden Markus Felix, der mit der Unterstützung von AusbildungWeltweit im Sommer 2021 ein sechswöchiges Praktikum in Basel absolvieren konnte.

Lieber Herr Argendorf, Sie betreuen die Auszubildenden der Firma a. hartrodt und unterstützen die Umsetzung der Auslandsaufenthalte. Welche Voraussetzungen haben Sie dafür im Unternehmen?

Argendorf: Als international agierendes Unternehmen ist das Thema Internationalisierung und Austausch für uns enorm bedeutsam. Daher bieten wir bereits seit vielen Jahren Auslandsaufenthalte während der Berufsausbildung bei uns an. Da wir viele Niederlassungen im Ausland haben, ist das recht einfach möglich, da wir nicht aufwändig eine Partnereinrichtung im Ausland suchen müssen. Wir haben großes Glück, dass wir so gute Unterstützung von den unterschiedlichen Niederlassungen bekommen. Es gibt viele „Überzeugungstäter“ bezüglich der Auslandsaufenthalte, die in Führungspositionen sitzen, wie beispielsweise Jens Roemer.
Grundsätzlich haben wir 15 Niederlassungen weltweit, die Auszubildende aus Deutschland für einen Auslandsaufenthalt aufnehmen – unter anderem in Mexiko und Singapur. Erfreulich ist, dass wir jetzt wieder eine neue Niederlassung hinzugewonnen haben: die Schweizer haben nach der positiven Erfahrung mit unserem Auszubildenden Markus Felix gesagt, dass sie künftig gerne wieder jemanden aufnehmen.

Lieber Herr Roemer, lieber Herr Argendorf, was ist der Mehrwert für Ihr Unternehmen, Azubis einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen?

Roemer: Der Mehrwert für das Unternehmen ist enorm. Wir sind im Dienstleistungssektor tätig. Human Ressources sind das A und O. Wir brauchen gute Leute und werden gerade in der internationalen Spedition immer gute Leute brauchen. Da ist der Auslandsaufenthalt wichtig. Dort lernt man so viel, was für die Young Talents wichtig ist: Know-How und auch, wie man zu einer guten Persönlichkeit wird. Das ist entscheidend zur Entwicklung der Young Talents – so kann man die Manager von morgen formen.
Soft Skills und zwischenmenschliche Kompetenzen sind keine Nebensache – man braucht diese Kompetenzen, um Menschen zu motivieren und zu führen. Ohne gute Human Ressources werden wir keinen Erfolg haben. Die Young Talents sind unsere Zukunft.

Argendorf: Wir setzen früh an und wollen besonders gute Schulabgängerinnen und Schulabgänger für die Ausbildung bei uns begeistern. Dabei achten wir schon im Bewerbungsprozess darauf, dass wir Azubis gewinnen, die gerne ins Ausland wollen. Das müssen nicht alle sein, auch Auszubildende, die in ihrer Heimat verwurzelt sind, sind wertvoll für das Unternehmen. Bei einigen Auszubildenden ist das Thema der Auslandsaufenthalte schon in den Bewerbungsgesprächen ein ganz wichtiges Thema – so auch bei unserem Auszubildenden Markus Felix. Bei ihm war von vorneherein klar: er möchte während der Ausbildung ins Ausland. Dass wir das anbieten, war sicherlich auch ein Plus, dass sich ein Kandidat wie er für unser Unternehmen entschieden hat.

Liebe Frau Busche, Sie betreuen viele Hamburger Firmen, die Auszubildenden Auslandsaufenthalte mit den Förderprogrammen AusbildungWeltweit und Erasmus+ ermöglichen. Wie ist Ihre Erfahrung dazu: hilft es Unternehmen, gute Auszubildende zu gewinnen, wenn Auslandspraktika angeboten werden?

Busche: Definitiv. Viele potentielle Auszubildende bekunden im Bewerbungsgespräch ihr Interesse, einen berufsbezogenen Bildungsabschnitt im außereuropäischen Ausland zu absolvieren und machen ihre Entscheidung für einen Arbeitgeber sogar davon abhängig. Insofern ist die Förderung der inner- und außereuropäischen Mobilität der Auszubildenden nach Ansicht der Personalverantwortlichen eine wichtige strategische Personalentwicklungsmaßnahme, die zur Fachkräftesicherung und zum Ausbildungsmarketing beiträgt. Das spiegelt sich auch in einem größeren Interesse an Auslandsaufenthalten – auch vonseiten der Unternehmen.

Argendorf: Wir sehen es auch so, dass wir damit nicht nur gute junge Leute zu uns holen, sondern auch halten wollen. Markus ist sehr leistungsstark, das war er auch vor dem Auslandsaufenthalt schon. Für uns ist ein Auslandsaufenthalt eine Möglichkeit, unseren angehenden Nachwuchskräften ein besonderes Highlight zu bieten. Wir bemühen uns um eine sehr gute Ausbildung und Unternehmenskultur – aber auch bei a. hartrodt läuft natürlich nicht immer alles perfekt. Und indem wir eine Auslandserfahrung bieten, zeigen wir unseren Auszubildenden eine besondere Wertschätzung, ein besonderes Vertrauen und fördern sie gleichzeitig.
Wir hoffen dann natürlich auch, dass wir sie langfristig für unseren Betrieb begeistern können. Gerade besonders leistungsstarke Auszubildende wie Markus Felix haben vielleicht auch im Hinterkopf, nach der Ausbildung ins Ausland zu gehen, um dort zu arbeiten. Während des Auslandspraktikums hat er dann schon einmal die Chance gehabt, in eine solche Erfahrung hineinzuschnuppern und zu gucken, ob das etwas für ihn ist.

Wie gehen Sie bei a. hartrodt konkret mit den Auszubildenden in die Planung? Wie war dies bei Markus Felix?

Argendorf: Während der Ausbildung sind wir rund sechs Monate vor dem geplanten Auslandsaufenthalt ins Gespräch gegangen und haben überlegt, welche Region für ein Auslandspraktikum in Frage kommt. Bei Markus sollte es eigentlich Singapur werden, später hatten wir noch mit Mexiko geplant – aber aufgrund der Corona-Lage und langer Quarantäne-Regelungen war beides leider nicht möglich. So ist es am Ende die Schweiz geworden und er ist nach Basel gegangen. Dass es so spontan war und lange auch nicht klar war, ob es überhaupt klappt, liegt aktuell natürlich an der Corona-Situation.

Busche: Dass a. hartrodt so flexibel war, war ein großer Vorteil. Wir haben in dieser ungewöhnlichen Situation alle gemeinsam fieberhaft daran gearbeitet, dass die Mobilität von Markus stattfinden konnte, was dann ja auch zum gewünschten Erfolg geführt hat.

Welche Erfahrungen hat Markus Felix mitgenommen?

Argendorf: Eine besonders prägende Erfahrung war, dass er im Ausland nicht als Auszubildender wahrgenommen wurde, sondern als vollwertiger Kollege. Die Zeit im Ausland bietet damit die Chance, aus der gewohnten Rolle herauszukommen und sich ganz neu zu beweisen. Bei Markus Felix war es so, dass er eine große Verantwortung übertragen bekommen hat. Die Idee ist auch wirklich, dass die Auszubildenden, die Kolleginnen und Kollegen in der Niederlassung im Ausland unterstützen.
So war es auch bei ihm. Nach einer Einarbeitung hat er die Urlaubsvertretung einer Kollegin eigenständig übernommen. Dadurch hat er Sicherheit und Vertrauen gewonnen und konnte das bereits Erlernte in der Ausbildung weiter festigen. Wir erleben, dass unsere Auszubildenden aus dem Ausland selbstbewusster wiederkommen.

Wie kommt es, dass die Selbstsicherheit gerade im Ausland so gut erlernt wird – wo man ja zu Beginn mit viel Unsicherheit konfrontiert ist?

Roemer: Im Ausland ist man erstmal alleine und vielleicht zunächst verunsichert. Aber über die Zeit lernt man, dass alle nur mit Wasser kochen und dass man sich nicht verstecken muss.

Durch Erfahrungen und eigene Erfolge bekommt man mehr Selbstvertrauen und das formt die Persönlichkeit.

Jens Roemer

Im Ausland hat man oftmals mehr Verantwortung als zuhause. Durch all diese Facetten macht man mit einem Jahr im Ausland die Erfahrung und den Entwicklungssprung, den man sonst in drei bis vier Jahren machen würde. Das ist meine eigene Erfahrung – ich war viele Jahre im Ausland – aber auch meine Erfahrung, wenn ich junge Menschen auf ihrem Weg begleite und sie eine Zeit lang fern der Heimat gelebt und gearbeitet haben.

Welche Lernmöglichkeiten bieten sich insbesondere im Ausland?

Roemer: Man hat immer mit Menschen zu tun – mit Kunden, mit Lieferanten, mit dem eigenen Team. Deswegen sind gute Kommunikationsfähigkeiten gefragt, eine gute Team- und Vermittlungsfähigkeit. Und es ist wichtig, dass man praxisorientiert ist. Das ist in der Branche top.

Argendorf: Und ich finde noch einen anderen Punkt wichtig: Ein Azubi hat im Ausland natürlich die Möglichkeit – oder besser gesagt die Chance – nachzufragen. Ausbilderinnen und Ausbilder im Betrieb in Hamburg bringen eine gewisse Erwartungshaltung mit – davon sind die Azubis im Ausland quasi befreit. Somit haben unsere Auszubildenden im Ausland auch die Möglichkeit, ihren Lernstand zu überprüfen, eventuell nachzuholen und Fragen auch noch einmal neu zu stellen.

Wie werden die Auszubildenden auf das Auslandspraktikum vorbereitet?

Argendorf: Es gibt interkulturelle Vorbereitungsseminare, die von Arbeit und Leben organisiert werden. Wir finden, dass eine gute Vorbereitung eine wichtige Voraussetzung für Auslandsaufenthalte sind. Gut ist, dass AusbildungWeltweit dafür auch Fördergelder zur Verfügung stellt.

Busche: In einem eintägigen Vorbereitungsseminar behandeln wir die administrativen und interkulturellen Aspekte des Auslandsaufenthalts. Die Schwerpunkte dieses Seminars sind die Körpersprache, Rollenspiele zu den Bereichen Selbst- und Fremdwahrnehmung und auch der Umgang mit Fremdem und Konfliktmanagement. Hierzu überlegen sich die Auszubildenden potentielle Konfliktsituationen am Arbeitsplatz und üben, wie man diese wertschätzend ansprechen und bestmöglich lösen kann – und das auch auf Englisch oder einer anderen Sprache.

Roemer: Wichtig finde ich auch, dass sich die jungen Leute vor der Abreise klarmachen, dass sie ein „Ambassador“ – also ein Botschafter – für das Unternehmen a. hartrodt aber auch für die Bundesrepublik Deutschland sind. Wir erwarten, dass sie sich dementsprechend gut verhalten.

Wie wichtig sind die Fördergelder zur Umsetzung der Auslandsaufenthalte?

Argendorf: Als internationales Unternehmen haben wir Auslandsaufenthalte auch schon ohne Förderung realisiert. Wir sind aber sehr froh, dass es nun das Förderprogramm AusbildungWeltweit gibt. Dadurch können wir vielen Auszubildenden die Möglichkeit bieten, ein weltweites Auslandspraktikum während der Ausbildung zu machen. Einigen wenigen kann man das als Unternehmen vielleicht noch selbst finanzieren – vielen aber in jedem Falle nicht.

Und seit wann nutzen Sie das Förderprogramm AusbildungWeltweit?

Argendorf: Während der Pilotphase von AusbildungWeltweit haben wir 2017 einen Auslandsaufenthalt nach Hongkong durchgeführt. Das hat super funktioniert. Seit 2018 – also quasi seitdem das Förderprogramm aus der Pilotphase herausgewachsen ist – haben wir Aufenthalte nach Toronto in Kanada, nach Mexiko, Indonesien und Chile realisiert. Neuerdings ist nun auch die Schweiz dazugekommen.

Würden Sie auch anderen Unternehmen einen Auslandsaufenthalt für ihre Auszubildenden empfehlen?

Argendorf: Auf jeden Fall – es ist ein so großer Mehrwert und es gibt die Förderstrukturen mit AusbildungWeltweit für weltweite Lernaufenthalte und das EU-Bildungsprogramm Erasmus+ für Auslandspraktika im EU-Raum. Und das Unternehmen profitiert von gereiften Azubis, es kann bereits im Recruitung-Prozess mit Auslandsaufenthalten werben und damit auch besonders leistungsstarke junge Menschen von sich überzeugen. Im besten Fall bleiben diese dann auch im Unternehmen.

Roemer: Meiner Meinung nach sind Auslandsaufenthalte eine absolute Win-Win-Situation und man sollte es unbedingt machen. Der Mehrwert übersteigt den Aufwand bei weitem und der Entwicklungssprung der jungen Leute ist enorm.

Busche:

Natürlich empfehle ich jedem Betrieb, Auslandsaufenthalte in der Ausbildung zu ermöglichen.

Katrin Busche

Es gibt so viele Vorteile für alle Seiten, die wir schon aufgezählt haben. Wichtig finde ich darüber hinaus auch den Aspekt des gegenseitigen Austauschs. Der Aufenthalt eines jungen ausländischen Praktikanten löst auch im aufnehmenden Betrieb etwas aus. Erfahrungsgemäß öffnen sich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Austauschprogramme, mit denen sie zuvor nicht in Berührung gekommen sind. Gerade in ländlichen Regionen spricht es sich schnell herum, dass ein junger Mensch aus dem Ausland ein Praktikum in einem Betrieb absolviert. Das führt häufig dazu, dass auch andere Betriebe Praktikanten aufnehmen oder junge Leute aus der Region sich „auf den Weg machen“. Ein Auslandsaufenthalt wirkt somit vielfältig – er bereichert den entsendenden und den aufnehmenden Betrieb und auch die ganze Gemeinde in der Zielregion. Somit steigern Auslandsaufenthalte das Bewusstsein für das interkulturelle Bewusstsein und Handeln.

Argendorf: Ja, das ist zusätzlich ein wichtiger Aspekt. Ich empfinde es gewissermaßen auch als einen gesellschaftlichen Auftrag, den wir haben.

Wir fördern mit Auslandsaufenthalten eine Weltoffenheit und Toleranz in der jungen Generation.

Martin Argendorf

Vielen Dank für das Gespräch!